„Mehr drin, als draufsteht“ – titelte der Artikel, als vor zwei Jahren im Deutschen Architektenblatt zum Stand in Sachen AVA-Software berichtet wurde. Der Befund gilt noch immer.
(Beitrag für Deutsches Architektenblatt, Ausgabe 08.2010)
Bestätigt wird diese Einschätzung von zwei zum Thema befragten Kennern der Bausoftware bzw. AVA –Szene.
Prof. Dr.-Ing. Joaquin Diaz unterrichtet an der Fachhochschule Gießen-Friedberg angehende Architekten und Bauingenieure im Fach Bauinformatik, kennt als Projektbeteiligter zahlreicher Vorhaben den Bauplanungs- und –Ausführungsprozess aus der Praxis und ist - auch als Vorstand des Bundesverbandes Bausoftware e.V. (BVBS) – über die aktuellen Entwicklungen auf dem Bausoftwaremarkt bestens im Bilde. Unter den Mitgliedern des BVBS finden sich eine Reihe namhafter AVA-Hersteller. Der Verband engagiert sich bei der Standardisierung des Datenaustauschs im Bauwesen, z.B. bei den AVA-relevanten GAEB-Datenstandards, und führt eine Zertifizierung der STLB-Bau-Schnittstelle von AVA-Programmen durch. Als zweite Stimme hörten wir Robin Loew-Albrecht, der die Entwicklung der AVA-Lösungen seit längerem aus verschiedenen Perspektiven beobachtet hat und der seit fünf Jahren Architektur- und Planungsbüros zum Einsatz spezifischer Software und Datenbanken im AVA- und Baukosten-Kontext berät.
Marktübersicht AVA Software (Ausschreibung Vergabe Abrechnung).
► AVA-bau.info -> AVA Software Programme
Nach wie vor ist der AVA-Markt – im Gegensatz etwa zum CAAD-Bereich –geprägt durch eine bunte Vielfalt zahlreicher Anbieter und Lösungen. Über 40 AVA-Systeme listet beispielsweise die Marktübersicht bei www.ava-bau.info.
Der Wettbewerbsdruck sorgt seit Jahren für eine Differenzierung des Angebots – in inhaltlicher wie auch preislicher Hinsicht. Das Spektrum reicht von Programmen, die im Wesentlichen den klassischen Kernbereich von Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung bedienen, bis zu weiter greifenden Lösungen, die den Aufgabenbereich AVA nach dieser oder jener Seite erweitern. Der unterschiedlichen Ausrichtung und Ausstattung der einzelnen Programme entspricht eine große Spannbreite des Preisrahmens, der von wenigen Hundert bis zu einigen Tausend Euro reichen kann. Selbst als Freeware ist AVA-Software zu erhalten, wenn auch nur als abgespeckte Variante der Vollversion.
Die eingeführten AVA-Systeme sehen die befragten Sachkenner in den Kernbereichen heute auf einem guten Entwicklungsstand. Dank langjähriger Standardisierung klappt auch der Austausch von Ausschreibungsdaten in der Regel problemlos. Allerdings – darauf weist Prof. Joaquin Diaz hin, sei es nun an der Zeit, den immer noch präsenten Austauschstandard GAEB 90 durch den aktuellen Standard GAEB DA XML zu ersetzen. Damit stehen AVA-Daten plattform- und geräteunabhängig auch für mobile Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung, wie sie zum Teil heute schon verfügbar sind und in absehbarer Zeit für die nachrückende „Online-Generation“ der Anwender selbstverständlich sein werden. Auch für die Nutzung von online Ausschreibungs- und Vergabeplattformen ist die Einhaltung des aktuellen GAEB-Standards notwendig.
Ein weiteres MUSS für zeitgemäße AVA-Systeme ist die Möglichkeit, bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen auf Daten zurückzugreifen, die von spezialisierten Anbietern aktuell, normengerecht und rechtssicher geliefert werden: Neutrale oder produktbezogene, DIN- und VOB-gerechte Ausschreibungstexte bzw. Leistungsverzeichnis-Texte, Bauelement-Kataloge etc., die kostenfrei als Freeware oder kostenpflichtig auf CD-ROM bzw. online zum Download angeboten werden. Handelt es sich hier doch um die eigentlichen Inhalte, die vom AVA-System verarbeitet werden. Von der Nutzung und der Qualität dieser Daten, ist sich Loew-Albrecht sicher, „lebt die Qualität einer Ausschreibung weit mehr, als von den Produkt-Spezifika dieses oder jenes AVA-Werkzeugs. Entscheidend ist der Inhalt.“
Je vergleichbarer die AVA-Programme in Ihren Kernfunktionen werden, umso wichtiger wird es für die Hersteller, sich durch Erweiterungen des Leistungsumfangs zu profilieren und weitere Aufgaben bzw. Prozesse in die Systeme einzubeziehen. Hier gibt es etwa den Ansatz, die AVA als Teilbereich in den Rahmen einer modular konzipierten Büro- oder Geschäftslösung zu stellen, die darüber hinaus Aufgabenfelder wie z.B. Honorarermittlung und -abrechnung, Zeiterfassung und internes Projekt- bzw. Büro-Controlling, Adressverwaltung, Dokumentenmanagement, Terminkalender etc. integriert.
Schon seit Jahren haben sich einige AVA-Hersteller auch des Themas der Baukosten angenommen. Die HOAI 2009 verschafft diesem Aspekt nun noch breitere Aufmerksamkeit. Bekanntlich ist nach der neuen HOAI die Kostenberechnung die Grundlage der Honorarabrechnung. Ebenfalls neu ist die Möglichkeit einer Baukostenvereinbarung mit Bonus-Malus-Regelungen. Beides verlangt vom Architekten eine ebenso frühe wie zuverlässige Kostenermittlung –noch vor Vertragsabschluss. Im Planungsverlauf sind dann kostenwirksame ‚Stör-Faktoren‘ (wie z.B. bauherrenseitige Planungsänderungen) zu dokumentieren und zu beziffern. Und schließlich wird zum Erreichen des vereinbarten Kostenziels eine wirksame Budgetkostenkontrolle unumgänglich. Was hätte – aus Anwendersicht - mehr Charme, als diese Aufgaben an das eingeführte System ‚AVA-Software‘ andocken zu können?
Abschließend noch ein Blick auf die Dauerbaustelle CAD/AVA-Kopplung. Seit Jahren lockt hier die Verheißung der automatischen Erzeugung von Leistungsverzeichnissen aus den CAD-Daten, das ‚LV auf Knopfdruck‘. Jetzt aber, stellt Prof. Diaz fest, „gibt es Entwicklungen, die wirklich funktionieren – noch mit der Einschränkung allerdings auf CAD-AVA-Kombis aus einer Hand, sprich jeweils eines Herstellers.“ Ob der BIM- Ansatz (Building Information Modeling: die Integration aller Gebäudedaten in einem digitalen Modell) und die IFC-Standardisierungsbemühungen den CAD/AVA-Übergang auch in der Breite befördern werden? Loew-Albrecht bleibt zurückhaltend, sieht neben marktpolitischen Strategien der Hersteller auch die hergebrachte Arbeitsweise der Architekturbüros („ Wer zeichnet, wer schreibt aus? Wann?“) vorerst als Hemmnisse. Dazu auch die in der Branche eher zurückhaltende Verbreitung des 3D-Konstruierens, einer Grundvoraussetzung für das BIM. Diese Sicht teilt auch Prof. Diaz, gibt sich aber – ganz Bauinformatiker – zuversichtlicher: „Binnen fünf bis zehn Jahren wird der Prozess AVA im BIM aufgehen. Und bis dahin“, so sein Fazit, „wird es noch viel Neues geben“.
Aktuelle Produktinfos zu AVA-Software 2010